Zeitzeuge
Bericht

Ein Gespräch mit dem Zeitzeugen Siegfried Loewe

Im Rahmen der Projekttage zum Thema „Ausgrenzung, Verfolgung und Vernichtung im Nationalsozialismus“ kam der Zeitzeuge Siegfried Loewe an die Stubenbastei.

Wir haben uns in den Festsaal gesetzt und waren bereit Siegfried Loewe, einem Zeitzeugen aus der NS-Zeit , zuzuhören wie er uns seine Geschichte erzählt. Er saß vor uns auf einem Sessel und neben ihm seine Frau, die als Unterstützung dabei war. Hinter ihm waren Fotos von ihm, seiner Familie und anderen wichtigen Leuten in seiner Geschichte an die Wand projiziert. Der Mann begann uns also seine Geschichte zu erzählen und begonnen hat er mit der Geburt seiner Mutter. 

Der Beginn der Geschichte

Herr Löwe kannte seine Eltern nicht und hatte dementsprechend wenig Wissen über diese. Nur, dass sie Zlata und Chaim Grossmann hießen und beide ursprünglich aus Polen kamen. Jedoch konnte er im Nachhinein durch Nachforschungen herausfinden, dass die beiden sich in Saarbrücken kennengelernt und anschließen auch dort geheiratet haben. Ihr erstes Kind, Siegfrieds älteren Bruder Hari, bekamen sie 1931 noch in Deutschland. Nach seiner Geburt flohen sie nach Belgien und dort wurde 1939 dann Siegfried und ein paar Jahre später auch seine Schwester Rebecca geboren. Als Siegfried drei Jahre alt war, ist der Krieg auch in Belgien angekommen gewesen und für ihn als Jude war es dort nicht mehr sicher.

Versteckt 

Nach kurzer Zeit wurde sein Vater nach Ausschwitz deportiert und seine Mutter war mit den drei Kindern alleine. Zum Glück dieser, hatte sie die Chance bekommen alle ihre drei Kindern in Sicherheit zu bringen. Herr Loewe und seine Schwester wurden von Widerstandskämpferinnen in deren Obhut genommen und diesen dankt er bis heute. Die Gruppe der vier Frauen rettete in der ganzen Zeit des Krieges 3000 Kinder. Wie sich um Hari gekümmert wurde und wo dieser hingekommen ist, ist unklar. Siegfried Loewe erzählte uns, dass er sich an die Zeit des Versteckens nicht sehr gut bzw. fast gar nicht erinnern kann. Aber an einem Tag, sagte er, konnte er sich genau erinnern. Als ihnen endlich gesagt wurde, dass sie frei waren und sich nicht länger verstecken mussten. 

Nach dem Krieg

Aus ihren Verstecken wurden die Beiden in ein jüdisches Kinderheim gebracht. Siegfried Loewe erzählt, dass die Menschen sie dort sehr gut behandelt haben uns es oft auch ein Gefühl von Mitleid gab. Auch die belgische Königin ist das Kinderheim einmal besuchen gekommen und weil die beiden Geschwister so, wie er sagt, „hübsch“ aussahen durften sie etwas vor der Königin vortragen bzw. ihr etwas schenken. Er sagte also ein Gedicht auf und Rebecca zeichnete ihr etwas. Nach einigen Wochen bekamen die beiden ein Paket von der Königin mit einer Puppe für Rebecca und einem Kran für Siegfried. Eine unfassbare Ehrung und für Herr Loewe sehr  besonders. Nach all der schönen Zeit im Kinderheim, kam jedoch für ihn das nächste Kapitel. Denn er und seine Schwester wurden als Pflegekinder aufgenommen.

Pflegekinder bis hin zu Adoptivkindern

Und zwar von Alfred und Hedwig Loewe aus Österreich. Die beiden überlebten den Krieg in Belgien und sehnten sich danach nach einem Kind. Am Anfang waren sie nur an Siegfried „interessiert“ aber als das Kinderheim sagt, sie würden die Geschwister nicht trennen, entschieden sie auch Rebecca als Pflegekind zu nehmen. Eine Zeit lang lebten die vier also zusammen in Belgien, doch als ein wenig Zeit vergangen war entschied sich das Ehepaar die beiden zu adoptieren und mit ihnen nach Wien zu ziehen. Das war ein sehr großer Schritt und vor allem für die beiden Geschwister überfordernd, denn auf einmal waren sie in einem ganz anderen Land, mit einer anderen Sprache. Herr Loewe erzählte uns, dass sie dort in einer großen Wohnung wohnten und generell sehr wohlhabend waren. Auch einen Hund bekamen sie dann und nach einiger Zeit hatten sie sich schon gut eingelebt. Doch leider war Wien auch der erste Ort wo Siegfried Loewe das erste Mal Antisemitismus erfuhr, nämlich von seinem Klassenlehrer, der ihn unfair gegenüber den anderen behandelte. Die Zeit verging und als er mit der Schule fertig war, entschied er sich nach Paris zu gehen und zu studieren. Glücklicherweise erhielt er ein Stipendium, denn Siegfried war ein sehr schlauer Schüler. Um dieses Stipendium in Anspruch zu nehmen musste er einige Dokumente vorweisen und als er dies Hedwig sagte schickte sie alle Dokumente direkt nach Paris. 

Auf einmal neue Eltern

In Paris angekommen hatte er eine tolle Zeit. Er verliebte sich das erste Mal und mochte sein Leben sehr gerne. An einem Tag sagte ihm seine Universität sie würden ihm gerne seine Dokumente zurückgeben und als er sich diese abholte bemerkte er, dass er eigentlich adoptiert war. Sein Name war eigentlich Grossmann und ursprünglich waren seine Eltern aus Polen. Herr Loewe erzählte uns, dass es ihn erschütterte und er sich sehr betrogen fühlte. Was ihn aber am meisten traf war, dass er nicht wusste, dass er einen Bruder hatte der auch überlebt hatte. Viele Fragen schossen ihm in den Kopf, doch er kannte die Antworten nicht. 

Sein Leben jetzt

Siegfried Loewe wohnt noch immer in Wien und erzählt Jugendlichen seine Geschichten. Er hat oft Kontakt zu Rebecca, welche jetzt in Israel wohnt und auch mit seinem Bruder Hari redet er ab und zu. Dieser wohnt noch immer in Deutschland, aber möchte bis heute nicht über seine Erfahrungen reden. Seine beiden Eltern starben in Ausschwitz und er sah sie nie wieder. Herr Loewe ist verheiratet und trotz der Lügen seiner Adoptiveltern entscheid er sich deren Namen bei zu behalten, denn er verdankt ihnen trotz allem einiges. Die Geschichte von Herrn Loewe war sehr bewegend und eine, die ich hoffentlich niemals vergessen werde.

Rosa Schwarz, 4A